Physik bereitet sich auf Higgs' Nicht-Existenz vor


Higgs-Boson – dem Gottesteilchen auf der Spur : (Wissenschaftler am Kernforschungszentrum Cern haben nach eigenen Angaben substanzielle Hinweise auf die Existenz des Elementarteilchens gefunden. Seit fast 50 Jahren schon wird danach gesucht.)

Die Entdeckung des Higgs-Teilchens beschäftigt nun schon so lange die Forscher. Vielleicht ist es Zeit, sich einzugestehen: Das Boson existiert einfach nicht.

Higgs existiert vielleicht doch nicht. Auch wenn viele Wissenschaftler der Entdeckung dieses Teilchens entgegenfiebern, so ist bislang noch gar nichts sicher. Es könnte sich im kommenden Jahr herausstellen, dass die Herren Higgs & Co sich geirrt haben. Doch was würde dies für die Physik bedeuten? Würde ihr Theoriegebäude einstürzen? Nur ein Teil davon, meint Wolfgang Hollik, Direktor am Max-Planck-Institut für Physik in München. „Denn wenn es nicht das Higgs-Teilchen ist, das wir finden, dann etwas anderes, das uns weiterbringt.“ Weiter in eine andere, vielleicht völlig neue Richtung.

                                                                                                                                                                                                    FOTO: AFP
 Am europäischen Kernforschungszentrum Cern werden die Wege von sehr energiereichen Photonen aufgezeichnet

Bisher nutzen Physiker das Standardmodell, das die Elementarteilchen und drei der vier bekannten Naturkräfte beschreibt. Es funktioniert sehr gut, aber es hat den Makel, dass es nicht erklären kann, warum viele Teilchen eine Masse haben. Genau dies sollte durch das Higgs-Teilchen erklärt werden. Existiert es nicht, müssen andere Überlegungen her.

„Das Standardmodell beruht darauf, dass in der Natur alles eine gewisse Symmetrie besitzt“, erläutert Michael Kobel, Professor an der Universität Dresden und Forscher am Cern. „Aber die Symmetrie darf nicht zu perfekt sein, sie muss irgendwie gebrochen werden, sonst gäbe es keine Materie, sondern nur masselose Teilchen. Die Idee der Symmetrie wird in jedem Fall erhalten bleiben, auch ohne Higgs, aber man würde dann andere Erklärungen finden müssen, warum sie gebrochen wird."

Die Theoretiker sind jedenfalls nicht unvorbereitet, auch wenn die Suche nach dem Higgs-Teilchen scheitern würde. Schon heute gibt es eine Physik jenseits des Standardmodells. Sie bietet mehrere Modelle an: Eine mögliche Erklärung für unsere Welt, wie sie ist, könnte eine fünfte Naturkraft sein, die nur bei extrem hoher Energie und auf sehr kurze Distanzen wirksam wird, die wir deshalb im Alltag nicht spüren.

Messergebnisse am Fermilab in Batavia im US-Bundesstaat Illinois, die im Frühsommer veröffentlicht wurden, deuteten bereits auf einen solchen Effekt hin, konnten aber bisher nicht von anderen Teams bestätigt werden. Eine alternative Erklärung haben die Theoretiker anzubieten, falls man entdecken würde, dass W- und Z-Bosonen, also Teilchen, die man bisher für so elementar wie Elektronen gehalten hatte, doch nicht so fundamental sind wie heute angenommen. Sie könnten ihrerseits, so die Spekulation, eine innere Struktur besitzen.

„In den letzten Jahren war die Teilchenphysik ein wenig auf den Kopf gestellt“, sagt Hollik. „Man hatte eine Theorie und versuchte diese mit experimentellen Ergebnissen zu untermauern. Normalerweise ist das Vorgehen ja umgekehrt: Man macht ein Experiment und sucht dann eine Theorie, die die Resultate erklären kann. Das wird sich in Zukunft wohl wieder so einspielen.“

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